Internationaler Kinderkrebstag 2024

Ohne Forschung keine Heilung — am 15. Februar ist internationaler Kinderkrebstag

In der Schweiz erkranken jährlich rund 350 Kinder und Jugendliche an Krebs. Während innovative Therapien die Erwachsenenonkologie revolutionieren, werden junge Patienten weiterhin mit Medikamenten behandelt, die teils vor Jahrzehnten entwickelt wurden. Aufgrund der geringen Fallzahlen gibt es für die Pharmaindustrie kaum Anreize, in diesem Bereich zu forschen und neue Medikamente zu entwickeln. Damit krebskranke Kinder nicht vergessen gehen, setzen Kinderonkologen und Forschende alles daran, auch ihnen den Zugang zu den besten und modernsten Krebstherapien zu ermöglichen. Ein schwieriges Unterfangen, da ihre Bemühungen durch fehlende finanzielle Mittel und hohe administrative Hürden kontinuierlich ausgebremst werden. Um die Situation zu verbessern, ist ein stärkeres Engagement des Bundes unabdingbar. Anlässlich des internationalen Kinderkrebstages macht der Dachverband auf die Herausforderungen in diesem Bereich aufmerksam.

Die Diagnose Krebs bei einem Kind ist mit das Schlimmste, was einer Familie passieren kann. Glücklicherweise sind Tumore im Kindes- und Jugendalter selten, aber sie zählen zu den häufigsten Todesursachen in dieser Altersgruppe. Auch wenn sich dank intensiver Forschungsbemühungen die Heilungschancen für junge Krebspatienten in den letzten Jahrzehnten wesentlich verbessert haben, überlebt eins von fünf Kindern nicht. Zudem kämpfen 80 Prozent der Überlebenden mit zum Teil gravierenden Spätfolgen der Krankheit und aggressiven Therapien. Diese können ihre Lebensqualität und Zukunftsperspektiven auf Dauer stark beinträchtigen. Umso wichtiger ist es deshalb, die Kinderkrebsforschung zu intensivieren, mit dem Ziel noch mehr junge Patienten zu heilen und die therapiebedingten Spätfolgen weiter zu reduzieren. «Wenn wir krebskranke Kinder in der Schweiz in Zukunft mit den bestmöglichen und modernsten Therapien behandeln wollen, muss die Forschung dringend finanziell besser unterstützt werden», so Valérie Braidi-Ketter, CEO von Kinderkrebs Schweiz.

Krebskranke Kinder sind bei der Entwicklung innovativer Therapien benachteiligt

Da Kinder und Jugendliche an ganz anderen Krebsarten als Erwachsene erkranken, braucht es eine speziell an ihre Bedürfnisse angepasste Forschung. Jeder Fortschritt in diesem Bereich trägt dazu bei, ihre Heilungschancen zu erhöhen und ihre Lebensqualität während sowie nach der Erkrankung zu verbessern. Die Entwicklung neuer pädiatrischer Krebstherapien macht jedoch nur langsam Fortschritte, da Kinderkrebs selten und damit nur wenig lukrativ für die Pharmaindustrie ist. Ein Grossteil der Kinder muss deshalb mit Arzneimitteln behandelt werden, die eigentlich nur für Erwachsene zugelassen sind und teils vor Jahrzehnten entwickelt wurden. «Obwohl die meisten dieser Medikamente sehr wirksam sind, bleibt ihre Anwendung im pädiatrischen Bereich ungenügend erforscht. Da sie oft toxische Auswirkungen haben, führt das bei Kindern, die sich mitten im Wachstum befinden, zu akuten Nebenwirkungen und häufig zu mittel- bis schwerwiegenden Spätfolgen», so Prof. Dr. med. Nicolas von der Weid, Abteilungsleiter Onkologie und Hämatologie am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) und Präsident von Kinderkrebs Schweiz. Angesichts der Dringlichkeit bemühen sich Kinderonkologen und Forschende verstärkt darum, die Toxizität der Behandlungen zu verringern, aber auch die Heilungschancen ihrer jungen Patienten weiter zu erhöhen. Besonders auf neue Behandlungsformen angewiesen sind Kinder, bei denen die Standardbehandlung nicht anschlägt oder der Krebs zurückkommt. Innovative Therapien und neue Medikamente sind oft ihre einzige Überlebenschance.

Die Kinderkrebsforschung benötigt mehr Mittel

In der Schweiz sind nichtprofitorientierte Forschungseinrichtungen und Kinderspitäler die einzigen Garanten dafür, dass auch junge Krebspatienten Zugang zu medizinischem Fortschritt erhalten. Sie sind jedoch alle chronisch unterfinanziert und die Kinderkrebsforschung kann nur dank Spendengelder und Drittmittel vorangetrieben werden. Andere europäische Länder haben diese Versorgungslücke längst erkannt und staatliche Forschungsfonds für die pädiatrische Onkologie eingerichtet. Diese garantieren eine ausreichende Grundfinanzierung und beschleunigen Innovation. Auch, weil sich die Forschenden somit verstärkt auf ihre Arbeit konzentrieren können, anstatt aufwändig Mittelbeschaffung zu betreiben. Nur so erhalten krebskranke Kinder die gleichen Heilungschancen wie Erwachsene. Dieses Jahr wird der Bund über die Forschungsförderung für die Periode 2025 – 2028 entscheiden, mit dem Ziel, «Innovation auf qualitativ höchstem Niveau in der Schweiz» zu ermöglichen. Es ist zu hoffen, dass krebskranke Kinder dabei nicht vergessen gehen. Denn nur mit einer stärkeren finanziellen Unterstützung kann auch der Bund einen wesentlichen Beitrag an der medizinischen Grundversorgung dieser besonders schutzbedürftigen Patientengruppe leisten.

Es braucht eine nationale Krebsstrategie

Die Krebsbekämpfung kann nur effizienter werden, wenn Bund, Kantone, relevante Organisationen und Experten die Herausforderungen im Rahmen einer national koordinierten Krebsstrategie gemeinsam angehen. Die Schweiz ist zurzeit eines der wenigen europäischen Länder, in denen es keinen nationalen Krebsplan gibt. Dies, obwohl der Ständerat und die zuständige Kommission im Nationalrat sich bereits dafür ausgesprochen haben. Gerade bei seltenen Krankheiten, wie Kinderkrebs, bei denen die Privatwirtschaft kaum Anreize sieht, neue Medikamente und Therapien zu entwickeln, kann eine national koordinierte Krebsstrategie auch dort greifen, wo Versorgungslücken drohen – unter der Voraussetzung, dass die Bedürfnisse der Kinderonkologie darin besser erfasst und dementsprechend unterstützt werden. Bleibt zu hoffen, dass auch der Nationalrat bei seiner Abstimmung Ende Februar den dringenden Handlungsbedarf anerkennt.